Verordnung zur Eindämmung des Coronavirus in Berlin

Fragen und Antworten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer!

Der Senat von Berlin hat am 17.03.2020 eine neue Verordnung zur Eindämmung des Coronavirus in Berlin erlassen. Die (neue) Verordnung über erforderliche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Berlin tritt am 18.03.2020 in Kraft. >>>Bitte klicken Sie hier<<<.

1. Was muss ich als Arbeitgeber beachten, wenn ein Arbeitnehmer sich bereits infiziert hat oder erkrankt ist?

Als Arbeitgeber empfiehlt es sich, den jeweiligen Arbeitnehmer anzuweisen, bei Auftreten bestimmter Krankheitssymptome (laut WHO Fieber, trockener Husten, Abgeschlagenheit) dem Arbeitsplatz fern zu bleiben. Aufgrund der möglichen Infektionsgefahr empfiehlt es sich, sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber, bei Auftreten einschlägiger Krankheitssymptome Kontakt mit einem Arzt aufzunehmen. In solchen Fällen wird empfohlen, dass der Arzt nicht direkt aufgesucht, sondern vorab telefonisch konsultiert wird. Dasselbe gilt, falls Arbeitnehmer Kontakt mit einer nachweislich mit dem Coronavirus infizierten Person hatten. Der Arbeitnehmer sollte zudem darum gebeten werden, bei einem positiven Testergebnis umgehend den Arbeitgeber darüber zu informieren.

2. Haben Arbeitgeber Meldepflichten nach dem Infektionsschutzgesetz, wenn sich herausstellt, dass mit dem Coronavirus infizierte und eventuell auch schon erkrankte Personen die Arbeitsstätte besucht haben? Was ist im Falle eines infizierten bzw. erkrankten Arbeitnehmers zu beachten?

Wenn man sich mit dem Coronavirus infiziert hat bzw. der Verdacht einer Infektion besteht, dann ist man nach dem Infektionsschutzgesetzes (IfSG) zur Meldung verpflichtet.  Meldepflichtige Personen sind in erster Linie die Personen, die mit der Diagnose und Behandlung von Krankheits- und Verdachtsfällen befasst sind (zB. der feststellende Arzt; in Einrichtungen nach § 23 Absatz 5 Satz 1 ist für die Einhaltung der Meldepflicht neben dem feststellenden Arzt auch der leitende Arzt, in Krankenhäusern mit mehreren selbständigen Abteilungen der leitende Abteilungsarzt, in Einrichtungen ohne leitenden Arzt der behandelnde Arzt verantwortlich). Einen Überblick kann man sich durch einen Blick in das Gesetz verschaffen, >>>bitte klicken Sie hier<<<.

3. Welche Pflichten treffen den  Arbeitgeber nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)?

Der Arbeitgeber hat eine sog. Fürsorgepflicht für seine Arbeitnehmer. Diese Fürsorgepflicht kann auch die Schaffung geeigneter Maßnahmen bedeuten. Auch hier hängen die Pflichten des Arbeitgebers von der individuellen Risikoabschätzung ab.  Die entsprechenden Maßnahmen liegen daher im Ermessen des Arbeitgebers. Als Leitlinie könnten die Empfehlungen des Robert Koch Instituts gelten. Das Institut empfiehlt, vor allem Husten- und Nieß-Etikette, gute Handhygiene und Abstand zu anderen Personen zu halten. Der Arbeitgeber kann seine Arbeitnehmer durch Merkblätter, E-Mails oder persönlich informieren. Das Tragen eines Mundschutzes soll nach Einschätzung des Robert Koch Instituts nicht sinnvoll sein. Als Arbeitgeber könnte man sein Personal  unverbindlich darauf hinweisen, häufig genutzte Oberflächen (z. B. Türklinken, Klingeln, Tischoberflächen etc.) regelmäßig zu desinfizieren.

4. Wann darf der Arbeitnehmer berechtigterweise seinem Arbeitsplatz fernbleiben?

Ein nachweislich erkrankter Arbeitnehmer darf seinem Arbeitsplatz fernbleiben. Der nicht erkrankte Arbeitnehmer ist hingegen nicht von vornherein deshalb von seiner Arbeitspflicht entbunden, weil er befürchtet, sich auf dem Weg zur Arbeit oder am Arbeitsplatz selbst anzustecken. In Ausnahmefällen, etwa bei konkretem Infektionsverdacht, kann jedoch Unzumutbarkeit (nach § 275 Abs. 3 BGB) vorliegen. Auch dies ist wieder der Abwägung des Arbeitgebers im Einzelfall überlassen. Der Arbeitgeber hat auch das Recht, dem Arbeitnehmer durch die Gewährung von (Erholungs-)Urlaub eine vorübergehende Abwesenheit vom Arbeitsplatz zu ermöglichen.

5. Hat es für den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers Folgen, wenn er infolge einer Infektion mit dem Coronavirus arbeitsunfähig erkrankt ist?

Wenn ein Arbeitnehmer aufgrund einer Infektion mit dem Coronavirus arbeitsunfähig ist, so gilt die gesetzliche Entgeltfortzahlungspflicht im Krankheitsfalle nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG). Der Arbeitnehmer behält danach für einen Zeitraum von maximal sechs Wochen seinen Vergütungsanspruch, selbst wenn er an der Erbringung seiner Arbeitsleistung gehindert ist. Es kann sein, dass dem Arbeitgeber – abhängig von der Anzahl der Mitarbeiter – eine Erstattung nach §§ 1, 2 Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) in Betracht kommt. Dabei handelt es sich um eine Entlastungsleistung zugunsten kleinerer Arbeitgeber aufgrund eines gesetzlichen solidarischen Umlageverfahrens.

6. Welche Folgen hat es für den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers, wenn der Arbeitgeber in Eigeninitiative den Betrieb schließt?

Entschließt sich der Arbeitgeber, seinen Betrieb unter Berücksichtigung der vorstehenden Voraussetzungen vollständig zu schließen, wird regelmäßig ein Fall des § 326 Abs. 2 BGB vorliegen, sodass der Arbeitslohn weitergezahlt werden muss. Dies ergibt sich im Übrigen bereits aus dem Grundsatz des Betriebsrisikos, § 615 S. 3 BGB.

7. Was passiert mit dem Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers im Falle behördlicher Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz?

Ordnet die nach dem Infektionsschutzgesetz zuständige Behörde Quarantänemaßnahmen oder gar ein Tätigkeitsverbot gegen den Arbeitnehmer an, bleibt der Vergütungsanspruch des Arbeitsnehmers grundsätzlich bestehen (“Erhaltungstatbestand“).

In diesem Zusamenhang sind jedoch auch die Entschädigungsvorschriften des Infektionsschutzgesetzes zu berücksichtigen. Liegen arbeitsrechtliche „Erhaltungstatbestände“ sowie behördliche Anordnungen nach §§ 30 f. IfSG kumulativ vor, geht der Bundesgerichtshof davon aus, dass ein Vorrang der arbeitsrechtlichen „Erhaltungstatbestände“ vorliegt. Der Arbeitnehmer behält danach grundsätzlich seinen Anspruch auf Vergütung.

Darüber hinaus ist im Infektionsschutzgesetz geregelt, dass nach den §§ 56 ff. Infektionsschutzgesetz (IfSG) unter bestimmten Voraussetzungen Entschädigungsleistungen an betroffene Arbeitnehmer zu leisten sind.  Dieser Entschädigungsanspruch des Arbeitsnehmers ändert jedoch nichts an seinem Vergütungsanspruch.  Der Arbeitgeber wiederum hat nach § 56 Abs. 5 IfSG für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für 6 Wochen, die Entschädigung für die zuständige Behörde an die Arbeitnehmer auszuzahlen. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet. Im Übrigen wird die Entschädigung von der zuständigen Behörde auf Antrag gewährt.

Die Höhe dieser Zahlung ist davon abhängig was im Arbeitsvertrag geregelt ist. Es gibt jedoch Höchstbeträge die zu berücksichtigen sind. Hinzu kommt, dass nach § 56 Abs. 11 IfSG eine sehr kurze Frist für die Geltendmachung von 3 Monaten vorgesehen ist. Bitte unbedingt beachten!

8. Stehen dem Arbeitgeber Erstattungsansprüche (aus Aufopferung) wegen Anordnung behördlicher Maßnahmen zu?

Der Arbeitgeber kann sich gem. § 56 Abs. 4 Satz 2 IfSG auf Antrag von der zuständigen Behörde die in dieser Zeit weiterlaufenden nicht gedeckten Betriebsausgaben erstatten lassen, hierunter dürften auch an den Arbeitnehmer fortzuzahlende Gehälter fallen. Dieser Erstattungsanspruch (als Ersatz der in dieser Zeit weiterlaufenden nicht gedeckten Betriebsausgaben) besteht in einem angemessenem Umfang. Hierbei handelt es sich um einen ausfüllungsbedürftigen Rechtsbegriff, so dass es keine vorgeschriebenen Wert/Zahlen gibt.

9. Hat man als Selbständiger einen Anspruch auf Ersatz von Verdienstausfall wegen Anordnung behördlicher Maßnahmen ?

Ja, auch Selbständige können einen Entschädigungsanspruch gemäß § 56 Abs. 1 IfSG geltend machen. Aber auch hier sind die Höchstbeträge zu berücksichtigen, nämlich ein Zwölftel des Arbeitseinkommens des letzten Jahres vor Einstellung der verbotenen Tätigkeit.

Es folgt in den nächsten Tagen noch ein weiterer Artikel im Zusammenhang mit dem Thema Arbeitsrecht.