Unfall Ratgeber –

darauf müssen Sie achten!

Ein Unfall ist eine ärgerliche Situation. Egal ob man den Unfall verschuldet hat oder nicht. Im Jahr 2017 gab es über 2 Millionen Unfälle im Straßenverkehr. Das ergibt über 7.200 Unfälle täglich. Weitere Informationen und Statistiken >kann man hier finden<.

Worauf sollte man als Unfallbeteiligter zunächst achten?

1. Bewahren Sie Ruhe und sichern Sie die Unfallstelle ab. Schalten Sie die Warnblinkanlage an, ziehen Sie sich eine Warnweste an und stellen Sie das Warndreieck in ausreichender Entfernung (100 Meter) zum Unfallort auf. Achten Sie dabei unbedingt auf den nachfolgenden Verkehr. Bei geringfügigen Schäden ist das Fahrzeug umgehend aus der Gefahrenzone entfernen. Bei größeren Schäden sollte man keine Unfallspuren beseitigen und abwarten, bis der Unfall durch die Polizei aufgenommen wurde. Verlassen Sie nicht den Unfallort, das kann strafbar sein. Dazu können Sie >hier mehr lesen<.

2. Informieren Sie die Polizei und bei Bedarf die Feuerwehr. Helfen Sie unbedingt verletzten bzw. hilflosen Personen.

3. Sprechen Sie Zeugen an und bitten Sie gegebenenfalls um Hilfe. Machen Sie vorsorglich Fotos vom Unfallort, egal wie “klar der Unfall” zu sein scheint.

Was macht die Polizei?

Die Polizeibeamten nehmen in erster Linie den Unfall auf und sorgen dafür, dass die Unfallbeteiligten ihre Daten austauschen. Dazu gehören unter anderem das Kennzeichen des Unfallgegners, die Anschrift des Fahrzeughalters (Wichtig: Wenn der Fahrer nicht der Fahrzeughalter ist, auch die Angaben des Fahrers notieren!), den Namen der Versicherung des Unfallverursachers, den genauen Ort und Zeitpunkt des Unfalls. Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Anschließend erhält man einen sogenannten “Unfall-Zettel“. Auf dem Unfall-Zettel steht in der Regel die Nummer des Zentralrufs der Autoversicherer. Doch hier ist Vorsicht geboten. Machen Sie keinen Fehler, rufen Sie nicht dort an. >Warum, lesen Sie hier!<

Sie “müssen” der Polizei nur Ihre Daten mitteilen. Zum Unfallhergang “müssen” Sie sich nicht äußern. Äußerungen werden grundsätzlich im Polizeibericht schriftlich fixiert und können im Streitfall vor Gericht für oder gegen Sie sprechen. Daher ist Vorsicht geboten. Bitte bewahren Sie Ruhe; wer Schuld am Unfall hat, entscheidet das Gericht, nicht die Polizeibeamten (auch wenn Sie vor Ort eine Verwarnung aussprechen dürfen).

Wie komme ich zu meinem Recht?

Wenn Sie unverschuldet in einen Unfall verwickelt wurden, dann haben Sie gegen den Unfallgegner und die gegnerische Haftpflichtversicherung einen Anspruch auf Schadenersatz. Ihnen sind alle unfallbedingten Kosten zu ersetzen. Zu diesen Kosten gehören unter anderem die Reparaturkosten, eine eingetretene Wertminderung, Abschleppkosten, Mietwagenkosten, Standgebühren, Schmerzensgeld, Anwaltskosten, Gutachterkosten usw.

Um an Ihr Recht zu kommen, sollten Sie zunächst einen Gutachter bzw. Sachverständigen beauftragen. Dieser kann zunächst die erforderlichen Reparaturkosten kalkulieren. Nach Erhalt des Gutachtens sind Sie schlauer. Sie wissen dann, ob ein sog. Reparaturfall oder ob ein “Totalschaden” vorliegt. Weiterhin können Sie dann entscheiden ob Sie fiktiv oder konkret abrechnen wollen. Hier können Sie nachlesen, was eine fiktive Abrechnung und was eine konkrete Abrechnung bedeutet.

Warum einen Gutachter beauftragen – reicht nicht ein Kostenvoranschlag?

Wenn Sie zu Ihrem Recht kommen möchten, dann sollten Sie einen freien und unabhängigen Sachverständigen bzw. Unfallgutachter beauftragen. Ein Kostenvoranschlag reicht nicht aus. Zum einen dient das Unfallgutachten als Beweissicherung. Zum anderen enthält es Fotos, Dokumentationen, Erklärungen und die Kalkulation eines Sachverständigen. Dies kann durch einen Kostenvoranschlag nicht ersetzt werden. Gegen einen Kostenvoranschlag sprechen noch folgende Argumente:

  • Ein Unfallgutachten “schützt” rechtlich den Unfallgeschädigten. Er darf auf die Richtigkeit des Gutachtens vertrauen und entsprechend handeln.
  • Ein Sachverständiger berücksichtigt grundsätzlich die einschlägige Rechtsprechung, so dass dem Unfallgeschädigten nur Vorteile dadurch entstehen.
  • Ein Sachverständiger kann einen Minderwert festlegen. Dadurch bekommt der Unfallgeschädigte mehr Geld.
  • Ein Sachverständiger stellt fest, ob das unfallbeschädigte Fahrzeug noch verkehrssicher ist. Ansonsten besteht zum einen eine Unfallgefahr. Zum anderen könnte man ein Bußgeld erhalten, wenn man mit einem verkehrsunsicheren Fahrzeug am öffentlichen Straßenverkehr teilnimmt. Die Verkehrsunsicherheit eines Fahrzeugs kann haftungsrechtlich weitreichende Konsequenzen haben.
  • Ein Sachverständiger kann/muss Vorschäden berücksichtigen. Ansonsten bestehen weitreichende Probleme, >dazu hier mehr<.

Die oben genannten Funktionen bzw. Voraussetzungen erfüllt ein Kostenvoranschlag nicht.

Anschließend sollten Sie unbedingt einen Rechtsanwalt beauftragen. Wenn Sie unverschuldet in einen Unfall verwickelt wurden, dann hat der Unfallgegner und die gegnerische Unfallversicherung auch die außergerichtlichen Anwaltskosten zu bezahlen.

Warum sollte ich einen Anwalt beauftragen?

Wenn Sie glauben, dass Sie keinen Anwalt benötigen, weil Sie keine Schuld am Unfall trifft, dann liegen Sie falsch. Hier ein paar Beispiele was passieren kann, wenn Sie es ohne Anwalt probieren:

Beispielsfall Nummer 1: Die Unfallgeschädigte hatte zu 100% Recht und versuchte es ohne Anwalt. Die gegnerische Versicherung kürzte um ca. 66 %. >Hier geht es zum Artikel<

Beispielsfall Nummer 2: Der Unfallgeschädigte hatte zu 100% Recht und versuchte es ohne Anwalt. Die gegnerische Versicherung kürzte um 50%. >Hier geht es zum Artikel<

Beispielsfall Nummer 3: Der Unfallgeschädigte hatte zu 100% Recht und versuchte es ohne Anwalt. Die gegnerische Versicherung zahlte ihm 647,25 Euro, mit Anwalt 4.120,69 Euro. >Hier geht es zum Artikel<

Wie läuft die Unfallregulierung grundsätzlich ab?

Im Idealfall beauftragen Sie einen freien und unabhängigen Sachverständigen sowie einen Rechtsanwalt Ihrer Wahl. Der Sachverständige kalkuliert den Schaden und der Rechtsanwalt setzt Ihren Schadenersatzanspruch durch, indem er die gegnerische Haftpflichtversicherung unter Fristsetzung zur Zahlung auffordert. Nach allgemeiner Rechtsprechung “muss” man der gegnerischen Haftpflichtversicherung eine Frist von 4-6 Wochen einräumen. Danach kann man sofort eine Klage erheben. Manchmal kommt man leider nur zu seinem Recht, wenn man eine entsprechende Klage tatsächlich erhebt. Viele Haftpflichtversicherungen zahlen nämlich erst bzw. vollständig, wenn man Klage eingereicht hat. Darüber hatten wir bereits mehrfach berichtet. Diese Artikel können Sie unter anderem >hier< und >hier< nachlesen. Grund für dieses Verhalten ist, dass viele Haftpflichtversicherungen spekulieren und durch das “unberechtigte Kürzen bzw. Nichtzahlen” mehr Geld verdienen möchten.

Was muss ich beachten, wenn ich den Unfall verschuldet habe?

Wenn Sie den Unfall verschuldet haben, dann sollten unverzüglich Ihre Haftpflichtversicherung informieren. Dazu sind Sie nach dem Versicherungsvertrag verpflichtet. Ob und in welcher Höge reguliert wird, entscheidet Ihre Haftpflichtversicherung. Tipp: Sollten Sie Vorschäden beim gegnerischen Fahrzeug sehen, machen Sie unbedingt Fotos und teilen Sie dies Ihrer Versicherung mit.

Unfall in Deutschland mit einem im Ausland zugelassenen Fahrzeug – was ist zu beachten?

Stammt der Unfallgegner aus einem EU-Staat, Island, Liech­ten­stein, Norwegen oder der Schweiz, dann kann die Unfallregulierung über eine beauftragte Versicherung in Deutschland erfolgen. Diese Versicherung wird dann als Schadensregulierer tätig. Die Korrespondenz kann in Deutsch erfolgen. Wer der Schadensregulierer ist, kann ein beauftragter Rechtsanwalt in Erfahrung bringen. Wenn man es alleine versucht, bestehen die oben genannten Gefahren.

Stammt der Unfallverur­sa­cher aus einem anderen Staat, dann wird es in der Regel noch komplizierter. Die Schadenregulierung über eine ausländische Haftpflichtversicherung kann lange dauern und die Regulierungspraxis ist sehr unterschiedlich.
Unfall im Ausland – was ist zu beachten?
Ereignet sich der Unfall im Ausland, dann muss man wissen, dass das Recht des Unfallortes gilt, also die Rechtslage in dem Land in dem sich der Unfall ereignete. In anderen Ländern gelten andere Gesetze, so dass man Erfahrungen und/oder Kenntnisse aus der Vergangenheit nicht hilfreich vergleichen kann.

Zunächst ist zu berücksichtigen, dass bei einem Autounfall im Ausland grundsätzlich das Gleiche zu beachten ist, wie in Deutschland. Sie dürfen die Unfallstelle nicht verlassen und müssen diese für andere Autofahrer kennzeichnen. Dazu gehört unter anderem, das Aufstellen eines Warndreiecks, das Anziehen einer Warnweste und das Einschalten der Warnblinkanlage. Wenn es Verletzte gibt, sollten sie unverzüglich den Notruf anrufen. Die Notrufnummer 112 gilt in ganz Europa. In den USA muss man die 911 wählen. Wenn es notwendig ist, sollte man Erste Hilfe leisten. Wenn man selbst verletzt wurde, sollte man unverzüglich einen Arzt aufsuchen und sich ein Attest ausstellen lassen. Wenn man erst später zu einem deutschen Arzt geht, erkennen viele ausländische Versicherungen das Attest nicht mehr an.

Unfall mit einem Mietwagen – was ist zu beachten?

Wenn Sie einen Mietwagen haben, dann müssen Sie die Vertragsbedingungen des jeweiligen Vermieters beachten. Das Kleingedruckte bezeichnet man als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Grundsätzlich ist man nach den AGB des Vermieters regelmäßig verpflichtet, die Polizei zu rufen. Ansonsten kann man seinen Versicherungsschutz aus dem Mietvertrag verlieren. Daher ist Vorsicht geboten, vor allem im Ausland.

Was passiert, Wenn der Unfallgegner nicht zu ermitteln oder das gegnerische Fahrzeug nicht versichert ist? 

Wenn nicht ermittelt werden kann, wer der Unfallverursacher ist, könnte man versuchen, die deutsche Verkehrsopferhilfe (VOH) in Anspruch zu nehmen. Diese Organisation hilft, wenn der Unfallgegner geflüchtet oder nicht bereit ist, für den verursachten Unfall aufzukommen. Zwar ist die Verkehrsopferhilfe nicht verpflichtet, eine Entschädigung zu zahlen, aber man kann es versuchen. Die Verkehrsopferhilfe ist auch dann die erste Anlaufstelle, wenn das gegnerische Unfallauto nicht ermittelt werden konnte. >Hier geht es zur Homepage< 

Was ist bei einem Wildunfall zu beachten?

Zunächst sollte man wissen, dass ein Wildunfall einen “Kaskofall” darstellt. Kaskorecht ist Vertragsrecht, da sich Rechte und Pflichten aus dem Kaskovertrag ergeben. Hier möchte der Versicherungsnehmer von seiner Versicherung eine Versicherungsleistung, wie vertraglich vereinbart. Ein Wildunfall liegt vor, wenn am Fahrzeug ein Schaden durch den Zusammenprall bzw. durch das Ausweichmanöver mit einem Tier entsteht. Dabei muss es sich um sogenanntes Haarwild handeln. Darunter fallen beispielsweise Schwarz- und Rotwild, Reh- und Damwild oder Füchse und Luchse. Eine Liste bzw. gesetzliche Regelung findet man >hier<. Im jeweiligen Kaskovertrag ist geregelt, was versichert ist und was nicht.

Im Jahr 2017 wurden den Autoversicherern rund 275.000 Wildunfälle gemeldet. Hier ist eine Wildunfall-Statistik des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungs­wirtschaft (GDV).

Wie verhalte ich mich richtig nach einem Wildunfall?

Zunächst sollten Sie auch hier versuchen Ruhe zu bewahren, den Unfallort absichern indem Sie den Warnblinker anschalten, das Warndreieck aufstellen und Ihre Warnweste anziehen. Sie müssen den Wildschaden unverzüglich Ihrer Versicherung und der Polizei melden, egal ob es einen Aufprall gab oder Sie ein Ausweichmanöver vornehmen mussten. Rufen Sie die Polizei. Im Idealfall wird der jeweilige Jagdpächter bzw. Wildhüter benachrichtigt. Bitte beachten Sie, dass Sie sich an Ihre vertraglichen Pflichten halten müssen, ansonsten können Sie Ihren Versicherungsschutz verlieren. Dies gilt es unbedingt zu vermeiden. Bitte machen Sie Fotos. Ihre Kaskoversicherung wird in der Regel einen eigenen Gutachter beauftragen, der anschließend den Schaden aufnimmt und kalkuliert. Sollte das Tier weiter gelaufen sein, dann sammeln Sie Haare, wenn vorhanden. Wenn das Tier noch am Unfallort ist, dann sollten Sie es nicht anfassen. Aufgrund des Unfalls könnte das Tier aggressiv sein und könnte Sie oder sich selbst verletzen. Es können auch Krankheiten übertragen werden.

Vorsicht: Totes Wild dürfen Sie nicht einfach mitnehmen. Das ist Wilderei und kann strafbar sein. Mehr können Sie >hier nachlesen<. Wer nach einem Wildunfall angefahrene Wildtiere ohne eine Meldung einfach zurücklässt, könnte sich ebenfalls strafbar machen.  >Hier geht es zum Tierschutzgesetz.<

Dieser Unfall Ratgeber ersetzt keine Rechtsberatung. Wenn Sie weitere Fragen haben, senden Sie uns einfach eine Mail. Wir helfen Ihnen gerne weiter.

Umut Schleyer – Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht