HUK kürzt Reparaturkosten und verliert vor Gericht –

ein Urteil von großer TRAGWEITE !

Die HUK kürzt viel. Die HUK kürzt gerne, vor allem Reparaturkosten. Das Internet ist voll von Berichten und Artikeln. Als Unfallgeschädigter muss man wissen, dass man gegen den Unfallgegner und seine Haftpflichtversicherung einen Anspruch auf Schadenersatz hat. Dazu zählen alle unfallbedingten Kosten, vgl. § 249 BGB. So steht es jedenfalls im Gesetz. Die tägliche Praxis zeigt jedoch, dass die Haftpflichtversicherungen ihre eigenen Spielregeln aufstellen und das Gesetz sowie die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig ignorieren. Allen voran die HUK.

In einem aktuellen Fall hat das Landgericht Berlin rechtskräftig entschieden, dass die Kürzung der HUK falsch und daher unwirksam ist. Dieses Urteil hat sich detailliert mit der rechtswidrigen Praxis der HUK auseinandergesetzt. Dieses Urteil dürfte für die Zukunft eine große Tragweite haben, da nahezu alle Haftpflichtversicherungen die Schadenersatzansprüche der Unfallgeschädigten kürzen. Man könnte diese Methoden auch als “Versicherungssport” bezeichnen. Solche Kürzungen haben sich leider als gewinnbringend bei den Haftpflichtversicherungen etabliert.

1. Was ist passiert ?

Am 31.08.2019 kam es auf der Kreuzung Cunostr./Forckenbeckstr. in Berlin zwischen dem Fahrzeug unserer Mandantin und dem Unfallgegner, der zur Unfallzeit bei der HUK haftpflichtversichert war,  zu einem Verkehrsunfall. Die Einstandspflicht der HUK war unstreitig. Wir machten für unsere Mandantin außergerichtlich Reparaturkosten in Höhe von 15.865,67 € sowie Gutachterkosten von 1.327,73 Euro geltend. Die HUK kürzte die Reparaturkosten in Höhe von 3.896,67 €. Die Gutachterkosten kürzte die HUK um 113,47 €. Daraufhin erhoben wir vor dem Amtsgericht Mitte eine Klage. Die HUK beantragte die Klage abzuweisen und begründete dies unter anderem mit der Vorlage eines Prüfberichts, in dem auf eine Alternativwerkstatt verwiesen wurde. Das reichte dem Amtsgericht Mitte nicht aus, so dass die HUK den Rechtsstreit zu 100% verlor. Dagegen ging die HUK in Berufung.

2. Urteil des Landgerichts Berlin

Das Landgericht Berlin hat die Berufung der HUK zurückgewiesen. >>> hier klicken<<<. In diesem weitreichenden Urteil begründet das Landgericht Berlin die Zurückweisung unter anderem wie folgt:

“Dem Kläger stehen die ihm vom Amtsgericht zugesprochenen Reparaturkosten zu. Eine Kürzung bei den Lohnkosten oder bei sonstigen Positionen ist nicht vorzunehmen. […]

“Ferner hat der Bundesgerichtshof u.a. in seinen Entscheidungen vom 20. Oktober 2009 – VI ZR 53/09 -, vom 23. Februar 2010 – VI ZR 91/09 – und vom 7. Februar 2017 – VI ZR 182/16 – grundsätzlich Stellung dazu bezogen, unter welchen Voraussetzungen ein Geschädigter, der den Ersatz fiktiver Reparaturkosten geltend macht, gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die Erstattung der Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt verlangen kann. Danach leistet der Geschädigte dem Gebot der Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (BGH, Urteil vom 20. Oktober 2009 – VI ZR 53/09 -). Allerdings kann der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen “freien Fachwerkstatt” verweisen, wenn er darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen würden (BGH a.aO.). Dabei hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass für die tatrichterliche Beurteilung der Gleichwertigkeit der Reparaturmöglichkeit auch im Rahmen des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB das erleichterte Beweismaß des § 287 ZPO gilt. Bei der Beurteilung der erforderlichen Gleichwertigkeit kommt es auf die besonderen Umstände des Einzelfalles an, wobei insbesondere Gesichtspunkte wie Art und Umfang des Schadens, Werkstattausstattung und Werkstatterfahrung eine Rolle spielen (vgl. BGH, NJW 2010, 2941 ff). […]

Nach diesen Grundsätzen ist der von der Beklagten vorgenommene Verweis auf die Referenzwerkstätten vorliegend der Klägerin nicht zumutbar. Den genannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ist zu entnehmen, dass es für die objektiv zu beurteilende Zumutbarkeit des Verweises auf eine Referenzwerkstatt insbesondere auf das Alter des Fahrzeuges und auch auf die Erheblichkeit des Schadens ankommt. Je älter das Fahrzeug und je geringer der Schaden sind, desto eher ist der Verweis auf eine entsprechende nicht markengebundene Fachwerkstatt zulässig.

Das Argument der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung, wonach es auf das Erfahrungspotenzial der Werkstatt nicht ankomme, kann das Berufungsgericht daher nicht nachvollziehen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die Reparatur in der genannten Referenzwerkstatt fachlich in gleicher Qualität ausgeführt werden müsse, wie in einer markengebundenen Fachwerkstatt. Insofern kommt es sehr wohl darauf an, inwieweit die Mitarbeiter der genannten Referenzwerkstatt fachlich geschult werden, Fortbildungsmaßnahmen bekommen und welche konkreten Erfahrungen diese mit der infrage stehenden Fahrzeugmarke aufweisen. […]

Im Ergebnis hat das Amtsgericht daher ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die Beklagte ihrer konkreten Darlegungspflicht bezüglich des Qualitätsstandards der in Bezug genommenen Referenzwerkstatt nicht genügt hat.”

Fazit: Das Landgericht Berlin kommt -wie das Amtsgericht Mitte auch- zu dem Ergebnis, dass die Kürzung mittels pauschalem Verweis auf einen Prüfbericht und eine darin enthaltene Referenzwerkstatt nicht wirksam und daher nicht rechtens ist.

Soweit uns bekannt ist, kürzt die HUK regelmäßig die Schadenersatzansprüche der Unfallgeschädigten, insbesondere die Reparaturkosten sowie die Kosten des Sachverständigen. Wie man dem Urteil des Landgerichts Berlin entnehmen kann, offensichtlich zu Unrecht. Diese Rechtsauffassung hat sinngemäß bereits auch das Landgericht Leipzig mit Urteil vom 02.06.2022 geäußert. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

Unser Tipp: Sollten Sie unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt werden, dann beauftragen Sie am besten SOFORT einen Sachverständigen sowie einen Rechtsanwalt Ihrer Wahl.