Desinfektionskosten 

sind zu erstatten!

 

Desinfektionskosten, ein Überblick. Corona hält dir ganze Welt in Atem, auch die Gerichte. Immer wieder kommt es vor, dass Unfallgeschädigte oder Werkstätten coronabedingte Desinfektionskosten einklagen müssen. Hier ein kurzer Überblick:

Wenn man unverschuldet in einen Unfall verwickelt wurde oder sein Fahrzeug für eine Reparatur in die Werkstatt bringt, fallen coronabedingt auch regelmäßig Desinfektionskosten an. Das Benutzen von Desinfektionsmitteln dient nicht nur dem Selbstschutz sowie dem Schutz des Kunden, sondern ist auch in Berlin nach der Verordnung über erforderliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Infektionen mit dem Coronavirus verpflichtend.

Wir hatten bereits mehrfach darüber berichtet, dass vor allem Haftpflichtversicherungen oft mit allen Mitteln versuchen, den Anspruch eines Unfallgeschädigten “klein zu rechnen”. Dies erfolgt oft durch systematische Kürzungen. Es werden oft Kosten für die Beauftragung eines Sachverständigen oder auch die Reparaturkosten gekürzt. Aktuell sind die coronabedingten Desinfektionskosten ein beliebtes Kürzungsmittel.

Unter anderem hat das Amtsgericht Heinsberg eine Versicherung zur Zahlung solcher coronabedingten Desinfektionskosten verurteilt und unter anderem Folgendes festgestellt:

“Es sind auch die Kosten für die Fahrzeugdesinfektion zu erstatten. Eine solche ist in Zeiten der Corona-Pandemie nach erfolgter Reparatur eines Fahrzeugs, die in Berühren des Fahrzeugs durch Dritte erfordert, notwendig.”

Das Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler hat eine Haftpflichtversicherung ebenfalls zur Zahlung der Desinfektionskosten verurteilt. In diesem Urteil steht unter anderem:

„Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf ein Geschädigter, der sein Fahrzeug reparieren lässt, darauf vertrauen, dass die Reparaturwerkstatt keine Werkleistung in Rechnung stellt, die gar nicht erbracht worden ist. Den Schädiger trifft nach herrschender Meinung das sogenannte Prognose- oder Werkstattrisiko. Sonach hat die Beklagte vorliegend auch die Kosten für die Verbringung in eine Lackiererei und aufgrund der derzeitigen COVID-19 Pandemie auch Desinfektionskosten in Höhe von netto 15,00 € zu erstatten.“

Deutliche Worte hat auch das Amtsgericht München gefunden und eine Versicherung entsprechend zur Zahlung der Desinfektionskosten verurteilt. In dem Urteil heißt es unter anderem:

„Nicht die Ansetzung dieser Kosten ist „unsinnig und lebensfremd“, sondern die Argumentation der Beklagten. Die entsprechenden Maßnahmen dienen nicht nur dem Schutz des Mitarbeiters (was i.Ü. auch nicht zu beanstanden, sondern erforderlich ist), sondern auch dem Schutz des Kunden. Dieser kann in der heutigen Zeit erwarten, ein desinfiziertes Fahrzeug zu übernehmen. Eine „vertragliche Vereinbarung“ ist gar nicht notwendig, da sich die Maßnahmen jedem verständig denkendem Durchschnittsbürger geradezu aufdrängen. Sie sind, gleich wessen Schutz sie dienen, durchzuführen und erforderlich. Die behauptete Einschätzung des RKI etc. spielt keine Rolle, da nunmehr allgemein bekannt sein sollte, dass COVID19-Viren längere Zeit, je nach Oberfläche mehrere Stunden bis Tage, überlebensfähig sind. Es muss gerade in der aktuellen Pandemiesituation alles erdenklich Mögliche und Zumutbare unternommen werden, um die Verbreitung des Virus einzudämmen und Schaden an Gesundheit und Leben zu verhindern. Dass die Anwendung von Desinfektionsmitteln hierunter fällt, ist allgemeinbekannt und wird diesseits sicher nicht mit „Sachverständigengutachten“ überprüft werden. Das Gericht geht davon aus, dass sich – ebenso wie allein hier im Haus – in den Rechtsanwaltskanzleien etc. und auch in den Räumen der Versicherer nicht nur Desinfektionsspender befinden, sondern auch regelmäßig umfangreiche Desinfektionsmaßnahmen durchgeführt werden. Vor diesem Hintergrund ist der Vortrag der Beklagten schlechterdings unverständlich und unhaltbar.“

Wichtig: Auch das Amtsgericht Coburg hat mit Urteil vom 26.10.2020 entschieden, dass nach einem Unfall die unfallbedingten Desinfektionskosten von der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners zu erstatten sind. Dieses Urteil dürfte wichtig sein, da in Coburg bekanntlich eine Versicherung ihren Hauptsitz hat, die ganz Deutschland mit ihren Kürzungen verärgert und für viel Verwirrung sorgt.

Die Kürzung der Versicherungen ist auch deshalb merkwürdig und lebensfremd, da auch viele Versicherungen den Einsatz von Desinfektionsmitteln für erforderlich halten. Hier ein Artikel der Allianz Versicherung. Auch der Zentralverband für Karosserie- und Fahrzeugtechnik e.V. kommt zu dem Ergebnis, dass der Einsatz von Desinfektionsmitteln erforderlich ist. Hier geht es zum Artikel. 

Infolgedessen sollten Sachverständige und Werkstätten nicht auf solche Kosten verzichten, sondern diese notfalls gerichtlich durchsetzen. Bleiben Sie gesund!