VW haftet wegen unzulässiger Abschalteinrichtung –

so der Bundesgerichtshofs

 

VW steht im Zusammenhang mit dem Dieselskandal wieder in den Schlagzeilen. Der Bundesgerichtshof hat über Schadensersatzansprüche eines Fahrzeugkäufers gegen VW zu entscheiden, die mit der Begründung geltend gemacht werden, das Fahrzeug habe eine unzulässige Abschalteinrichtung aufgewiesen. Ergebnis: VW haftet wegen unzulässiger Abschalteinrichtung.

Worum geht es?

Der Kläger erwarb am 10. Januar 2014 zu einem Preis von 31.490,- € brutto von einem Autohändler einen Gebrauchtwagen VW Sharan 2.0 TDl match, der mit einem 2,0-Liter Dieselmotor des Typs EA 189, Schadstoffnorm Euro 5 ausgestattet ist. Die Beklagte ist die Herstellerin des Wagens, nämlich VW. Bei Erwerb betrug der Kilometerstand 20.000 km. Für den Fahrzeugtyp wurde die Typengenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit der Schadstoffklasse Euro 5 erteilt.

Die im Zusammenhang mit dem Motor verwendete Software erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) unterzogen wird und schaltet in diesem Fall in den Abgasrückführungsmodus 1, einen Stickoxid (NOx)-optimierten Modus. In diesem Modus findet eine Abgasrückführung mit niedrigem Stickoxidausstoß statt. Im normalen Fahrbetrieb außerhalb des Prüfstands schaltet der Motor dagegen in den Abgasrückführungs-modus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer und der Stickoxid-Ausstoß höher ist. Für die Erteilung der Typengenehmigung der Emissionsklasse Euro 5 maßgeblich war der Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand.

Im September 2015 räumte VW öffentlich die Verwendung einer entsprechenden Software ein. Unter dem 15. Oktober 2015 erging gegen sie ein bestandskräftiger Bescheid des Kraftfahrtbundesamts (KBA) mit nachträglichen Nebenbestimmungen zur Typengenehmigung, der auch das Fahrzeug des Klägers betrifft. Das KBA ging vom Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung aus und gab VW auf, diese zu beseitigen und die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte anderweitig zu gewährleisten. VW gab mit Pressemitteilung vom 25. November 2015 bekannt, Software-Updates durchzuführen, mit denen diese Software aus allen Fahrzeugen mit Motoren des Typs EA 189 mit 2,0-Liter-Hubraum entfernt werden sollte. Nach der Installation sollen die betroffenen Fahrzeuge nur noch in einem adaptierten Modus 1 betrieben werden. Der Kläger hat das Software-Update im Februar 2017 durchführen lassen.

Mit seiner Klage verlangt der Kläger von VW im Wesentlichen die Rückzahlung des für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises in Höhe von 31.490 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs.

Bisheriger Prozessverlauf

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hatte das Oberlandesgericht, unter Zulassung der Revision, die Entscheidung des Landgerichts abgeändert und VW verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 25.616,10 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs zu zahlen. Wegen des weitergehenden Zahlungsanspruchs hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Oberlandesgericht ausgeführt, dem Kläger stehe gegen VW ein Anspruch auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu. Nach Anrechnung der vom Kläger gezogenen Nutzungen (Vorteilsausgleich) ergebe sich der ausgeurteilte Anspruch. Dagegen haben beide Parteien Revision eingelegt.

Auffassung des Bundesgerichtshof

Die zuständigen Richter des Bundesgerichtshofs teilten in der mündlichen Verhandlung am 25.05.2020 mit, dass ihrer Rechtsauffassung nach VW wegen sittenwidriger Schädigung haftet.

Dies hat zur Folge, dass auch Käufer gegen VW einen Anspruch auf Schadenersatz haben, die ein betroffenes Fahrzeug nicht bei einem VW-Händler erworben haben!

Aber:

Die betroffenen Autokäufer bekommen nicht den gesamten Kaufpreis zurück, sondern müssen sich den Wert der gefahrenen Kilometer von ihrem Entschädigungsanspruch abziehen lassen (sogenannter Vorteilsausgleich).