Recht auf Beschäftigung –
wann gilt dies nicht?

1. Während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Beschäftigung nach den vertraglich vereinbarten Bedingungen. Das Recht auf Beschäftigung ist nicht nur ein bloßer Ne­ben­an­spruch, son­dern eine einklag­ba­re Haupt­leis­tung. Somit steht der Beschäftigungsanspruch recht­lich auf gleicher Ebe­ne wie der Lohn­an­spruch. Das Bundesarbeitsgericht sieht die Rechtsgrundlage des Beschäftigungsanspruchs in den §§ 611, 613 BGB in Verbindung mit  § 242 BGB (BAG, 27.2.1985 – GS 1/84). Verletzt der Arbeitgeber das Recht auf Beschäftigung des Arbeitnehmers, kann diese vor dem Arbeitsgericht eine Klage auf vertragsgerechte Beschäftigung erheben.

2. In einem aktuellen Fall musste das Arbeitsgericht Siegburg die Frage klären, ob ein Recht auf Beschäftigung auch bei ärztlich attestierter Unfähigkeit des Arbeitnehmers zum Tragen einer Maske besteht.

3. Sachverhalt – Recht auf Beschäftigung

Der Kläger ist Arbeitnehmer und bei der Beklagten als Verwaltungsmitarbeiter im Rathaus beschäftigt. Die Beklagte ordnete mit einem Schreiben vom 06.05.2020 das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung für Besucher und Beschäftigte an. Damit war der Kläger  nicht einverstanden und legte der beklagten Arbeitsgeberin zwei Atteste vor, die ihn von der Maskenpflicht und ebenfalls von der Pflicht zum Tragen von Gesichtsvisieren jeglicher Art befreiten. Ohne Gesichtsbedeckung wollte die Beklagte den Kläger jedoch nicht im Rathaus beschäftigen. In der Folge war der Kläger seit Dezember 2020  nahezu durchgehend krankgeschrieben. Der Kläger begehrte – nach einem Eilverfahren im Dezember 2020 – nun in der Hauptsache seine Beschäftigung im Rathaus ohne Gesichtsbedeckung. Der Kläger bestand auf sein Recht auf Beschäftigung. Alternativ wollte er im Homeoffice beschäftigt werden. Zudem begehrte er Vergütung trotz Nichtbeschäftigung seit Dezember 2020 in Form von Annahmeverzugslohn bzw. Schadensersatz.

4. Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg – Recht auf Beschäftigung

a. Das Arbeitsgericht Siegburg kam im streitgegenständlichen Fall zu dem Ergebnis, dass kein Recht auf Beschäftigung für den Kläger als Arbeitnehmer besteht. Daher wies das Arbeitsgericht Siegburg  die Klage mit Urteil vom 18.08.2021ab.

Nach Auffassung der Gerichts überwiege der Gesundheits- und Infektionsschutz aller Mitarbeiter und Besucher des Rathauses das Interesse des Klägers an einer Beschäftigung ohne Mund-Nasen-Bedeckung. Gem. § 3 Abs. 1 Nr. 2 der geltenden Coronaschutzverordnung NRW bestehe im Rathaus der Beklagten eine Maskenpflicht. Zusätzlich sei diese Anordnung vom Direktionsrecht gedeckt. Sei der Kläger ärztlich attestiert nicht zum Tragen der Maske in der Lage, sei er arbeitsunfähig und habe keinen Anspruch auf Beschäftigung und Annahmeverzugslohn oder Schadensersatz. Einen Anspruch auf Einrichtung eines Homeoffice-Arbeitsplatzes verneinte die Kammer im konkreten Fall. Zumindest Teile seiner Aufgaben müssten im Rathaus erledigt werden. Eine partielle Tätigkeit zu Hause würde die bestehende Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht beseitigen; eine partielle Arbeitsunfähigkeit kenne das Entgeltfortzahlungsgesetz nicht. Ein Arbeitgeber darf die Beschäftigung seines Arbeitnehmers im Betrieb verweigern, wenn es diesem – belegt durch ein ärztliches Attest – nicht möglich ist, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Dies ist vom Direktionsrecht gedeckt.

 

Der Arbeitnehmer ist in diesem Fall arbeitsunfähig. Dies hat das Arbeitsgericht Siegburg entschieden und damit in der Hauptsache die Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren bestätigt.

 

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden. Wir halten Sie auf dem Laufenden!